Mit seinem Projekt „Zirkus Ponzelar“ will Joachim Watzlawik als Koordinator der Initiative Krefeld für Kinder ein dauerhaftes Zirkuspädagogik-Projekt schaffen.

Eine der schönsten Fähigkeiten, die Kinder besitzen, ist ihre schier grenzenlose Überzeugung von den eigenen Ideen und Visionen. „Später will ich Prinzessin werden“ oder „Wenn ich groß bin, hab‘ ich einen Bauernhof“, sagen sie voller Begeisterung – in ihren leuchtenden Augen nicht der Hauch eines Zweifels daran, dass ihr Traum in Erfüllung gehen wird. Wir Erwachsenen verlernen diesen fantastischen Optimismus irgendwann. Ist ja alles viel zu groß, viel zu teuer, viel zu unsicher, viel zu weit weg. Joachim Watzlawik ist kein Kind mehr. Aber er arbeitet für die Zukunft von Kindern. Und in seinen Augen leuchtet es genauso wie in denen künftiger Prinzessinnen und Bauernhofbesitzer, wenn er sagt: „Ich will einen Zirkus bauen.“

Der gelernte Sozialpädagoge, einer der engagiertesten „bunten Hunde“ Krefelds, hat kürzlich den Posten des Koordinators für die städtische Initiative „Krefeld für Kinder“ übernommen. Das Projekt gegen Kinderarmut wurde von Oberbürgermeister Frank Meyer 2018 ins Leben gerufen, und Joachim Watzlawik, persönlich angeworben vom Beigeordneten der Stadt Krefeld für Bildung, Jugend, Sport, Migration und Integration, Marcus Schön, könnte als neuer Botschafter nicht besser gewählt sein. Vielen ist der zweifache Familienvater als „der Typ vom Kultur.Punkt“ bekannt, den er vor mehr als 20 Jahren in der Friedenskirche gründete. Später initiierte er das Flüchtlings-Projekt Café Sarah mit. Am Anfang der Corona-Pandemie machte er von sich reden, als er mit der Konzert-Reihe „Draußen vor der Tür“ die Gastronomie unterstützte, während er hauptberuflich als Schulsozialpädagoge am Gymnasium Fabritianum tätig war.

Bei „Krefeld für Kinder“, das gleichzeitig als Projektinitiative, Netzwerkinstanz und Unterstützer externer Projekte fungiert, soll er nun dafür sorgen, dass auch Kinder, die vom Leben weniger reich beschenkt wurden als andere, träumen und wachsen dürfen. Konkret heißt das: „Krefeld für Kinder“ kümmert sich um die Förderung von Alltagskompetenzen, eine verbesserte Grundversorgung und soziale Anbindung. Die entsprechenden Projekte bekannt zu machen, finanzielle Mittel zu akquirieren und eigene Projekte auf die Beine zu stellen, ist Aufgabe von Joachim Watzlawik. Eines davon soll der eingangs erwähnte Zirkus sein. „Und zwar soll dieser Zirkus ‚Ponzelar‘ heißen, und er soll symbolisch werden für das, was  Krefeld für Kinder erreichen will. Gleichzeitig soll er soll ein Raum sein, der auch anderen Organisationen, die sich für benachteiligte Kinder einsetzen, zur Verfügung steht“, beschreibt Joachim und lacht fröhlich: „Immer so klein denken – was soll das?“

Joachim Watzlawik ist der neue Koordinator der Initiative Krefeld für Kinder.

Wofür es gut ist: Selbstfindung auf Sägespänen

Sein optimistischer Tatendrang kommt nicht von ungefähr. „Krefeld für Kinder“ ist für Joachim Watzlawik auch aus biografischen Gründen ein Projekt von besonderer Bedeutung. „Kinderarmut ist ein Thema, das mich sehr berührt“, erzählt er und blickt zurück auf seine eigene Jugend: „Ich kann in Demut von mir sagen, dass ich ein gefördertes Kind war. Allerdings bin ich auch in einem schäbigen Altbau geboren und großgeworden – ohne Heizung, ohne viel Geld. Das war nicht leicht; ich schämte mich, weil andere schon anders wohnten. Daher weiß ich, dass es nicht einfach für benachteiligte Kinder ist, sich in unserer eigentlich wohlhabenden Gesellschaft zurechtzufinden.“ Für Schulkinder und Jugendliche, die unter der Armutsgrenze leben, prallen bei der Begegnung mit Gleichaltrigen tagtäglich Welten aufeinander. Ständige Vergleiche und Entbehrungen machen es schwer, Selbstbewusstsein und ein Gefühl von Selbstwirksamkeit aufzubauen – besonders, wenn die Eltern nicht in der Lage oder willens sind, ihr Kind aus eigener Kraft dabei zu unterstützen.

Aber was haben Kinder und Jugendliche in dieser Situation von einem Zirkus? Tatsächlich gilt die sogenannte Zirkuspädagogik als sehr effektiv in Sachen Toleranz-, Bewegungs- und Talentförderung. Denn im Zirkus, einem zauberhaften Ort fernab der Schulbank und des eigenen Zuhauses, fangen alle Kinder bei null an und haben die Möglichkeit, beim Erlernen echter Tricks und Kunststücke individuell ungeahnte Fähigkeiten an sich, aber auch die Stärke einer gesunden Gruppendynamik, zu entdecken. Joachim Watzlawik sieht den Zirkus aber vor allem als Förderprogramm für gesellschaftliche Teilhabe. „Teilhabe bedeutet nicht, einmal was mitmachen zu dürfen. Es bringt nicht besonders viel, wenn ein Kind alle paar Jahre mit der Schulklasse ins Theater kommt. So etwas muss dauerhaft möglich sein, damit es wirklich einen Einfluss auf deine Psyche und Entwicklung hat. Deswegen bin ich ein großer Fan von Projekten, wo die Kinder nachhaltig in eine soziale Gruppe eingebunden werden. Es geht darum, den Kindern und Jugendlichen Schlüsselerlebnisse zu verschaffen“, beschreibt er begeistert.

Ein Zirkus für alle: Teilhabe als Kernziel

Seine besondere Aufgabe sieht Joachim darin, offensiv auf die Zielgruppe zuzugehen und für die Inanspruchnahme dieses und anderer Projekte zu motivieren. „Das Ziel ist immer, die Bewegung in Richtung der betroffenen Familien zu machen, und nicht zu warten, was kommt“, beschreibt er. Das könne man von den oft isolierten Familien nicht erwarten.

Mit seinem Projekt „Zirkus Ponzelar“ will Joachim Watzlawik als Koordinator der Initiative Krefeld für Kinder ein dauerhaftes Zirkuspädagogik-Projekt schaffen.

Der Zirkus Ponzelar funktioniert diesem Credo entsprechend und ist multifunktional gedacht: Er soll jeweils mehrere Monate in einem Stadtteil Station machen, sodass alle dort befindlichen Schulen, Jugendzentren und sonstige soziale Einrichtungen, aber auch Kulturinitiativen, ihn für eigene Projekte nutzen können. So wäre er nicht nur für Kinder, sondern optional auch für deren Eltern eine Anlaufstelle. Joachim Watzlawik malt sich einen richtigen Veranstaltungsort, ein Zweimastzelt mit bis zu 300 Plätzen und Tribüne, aus: „Der soll schön sein, der soll nicht ‚für die Armen‘ sein, sondern wirklich was Ordentliches, das für die unterschiedlichsten Gruppen attraktiv ist. Es ist wichtig, diesen Zirkus nicht zu stigmatisieren“, sagt er energisch. „Wenn der Zirkus auch für Kulturveranstaltungen nutzbar wird, und zwar für alle, bringt man nicht nur pädagogische Angebote für Kinder zu den Kindern, sondern auch kulturelles Programm in Stadtteile, die diese sonst nicht wahrnehmen würden.“

Erste Partner, die ihn vor allem monetär und medial unterstützen, hat Joachim bereits gefunden, zum Beispiel das Technische Hilfswerk, die Krefelder SWK-Vorsitzende Kerstin Abraham sowie Vertreter fast aller Krefelder Parteien, aber auch Prominente wie Kathy und Patricia Kelly, die Band Blind Guardian, Filmproduzent Christian Becker, Schauspieler August Zirner, Ex-Eishockey-Nationalspieler Christian Ehrhoff, das Sportler-Ehepaar Anne Poleska-Urban und Jochen Urban, Ex-Fußballer Werner Vollack, Radiomoderatorin Heike Knispel, WDR-Korrespondent Michael Heussen, RTL-Moderatorin Katja Burkard und den Sportjournalisten Arndt von Thien. 100.000 Euro seien nötig, um die „Hardware“ anzuschaffen und das Projekt dann für die dauerhafte Organisation in eine Trägerschaft übergeben zu können. Um diese Summe zu erreichen, ist auch die Krefelder Bürgerschaft gefragt: „Wenn die Hälfte der hier lebenden Leute einen Euro gibt, steht das Ding. Viele Hände, schnelles Ende. Dann haben die Kinder ihren Zirkus! Das wäre doch gelacht, wenn wir das nicht hinkriegen“, animiert Joachim Watzlawik begeistert – aus seinen Augen strahlen bereits die leuchtenden Neon-Lettern „Zirkus Ponzelar“.

Mit seinem Projekt „Zirkus Ponzelar“ will Joachim Watzlawik als Koordinator der Initiative Krefeld für Kinder ein dauerhaftes Zirkuspädagogik-Projekt schaffen.

Und wenn wir seinem Blick in die Zukunft folgen, können auch wir uns diesen Ort schon ganz genau vorstellen: Rot-weiß gestreift, auf einem lange brachliegenden Gelände unweit der rauschenden Gladbacher Straße. Die kleinen blauen Fähnchen des Rundzelts flattern im Sommerwind, während innen, im rosafarbenen Zwielicht der Manege, wo es nach Holz und Schminke duftet, ein knappes Dutzend Kinder konzentriert neue Tricks übt. Sie jonglieren, tanzen, malen, eines moderiert vielleicht… Sie werden später vermutlich keine Prinzessinnen, dafür aber vielleicht tatsächlich Bauernhofbesitzer, unterrichten Sport – oder gehen zum Radio.

Bis wir hier angelangt sind, müssen noch ein paar mehr Menschen anfangen, so zu denken wie Joachim. Oder ihm mit ihrer Unterstützung die Chance geben, seine Vision für die Krefelder Kinder umzusetzen. 

Eine Infoveranstaltung zur Initiative Krefeld für Kinder und Zirkus Ponzelar mit vielen Ständen, Spielmöglichkeiten, Live-Musik und prominenten Paten vor Ort findet am 5. September von 14 bis 19 Uhr auf dem Rathausplatz statt. Wir freuen uns, mit dem kredo Magazin die Medienpartnerschaft des Projekts übernehmen zu dürfen.

Der Kinderzirkus „Rondel“, ein ähnliches pädagogisches Wanderzirkusprojekt, gastiert vom 9. bis 13. August auf dem Sprödentalplatz, täglich von 11 bis 18 Uhr; Eintritt frei.

 

Wer das Projekt unterstützen möchte, kann seine Spende an folgendes Konto senden:

Bürgerstiftung Krefeld
Sparkasse Krefeld
IBAN: DE25 3205 0000 0000 0099 77
Hinweis: Verwendungszweck Zirkus Krefeld für Kinder

Über den/die Autor/in: Esther Jansen

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Tags: , , 0 Kommentare on Der TraumzirkusVeröffentlicht am: 1. August 2021Zuletzt bearbeitet: 16. Februar 20231379 WörterGesamte Aufrufe: 461Tägliche Aufrufe: 17 Minuten Lesezeit

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