Acid-Pionier Carsten Plank heißt mit bürgerlichem Namen Carsten Bleekmann und ist in Bockum, später in Verberg, aufgewachsen. Seit mehr als 30 Jahren ist der gebürtige Ruhrpottler als DJ unterwegs.

Carsten Plank, circa 21 Jahre alt, grinst in die Kamera. Auf seinem weißen Langarm-Shirt prangt unter den Worten „Acrid Abeyance“ ein großer roter Smiley. Dazu eine kurze, bunt gestreifte Hose, dicke Socken und Käppi. Es ist 1993, und der fröhliche junge Krefelder steht am Anfang seiner Karriere als DJ. „Das war meine Zeit damals. Da bin ich immer so rumgelaufen. Acrid Abeyance war ein Pseudonym von mir und meinem damaligen Studio-Partner. Die DJs hatten damals noch nicht so eine Popularität wie heute. Du konntest dich nur hervorheben, wenn du einen Namen hattest, den sich die Leute merken konnten“, sagt Carsten amüsiert beim Blick auf das alte Analogfoto, das inmitten eines kleinen Stapels alter Bilder und Zeitungsausschnitte auf dem Esszimmertisch in seinem ländlich gelegenen Elternhaus liegt. Es ist wenige Tage nach Weihnachten 2020.

Kopfsprung ins Nachtleben

Carsten Plank heißt mit bürgerlichem Namen Carsten Bleekmann und ist in Bockum, später in Verberg, aufgewachsen. Seit mehr als 30 Jahren ist der gebürtige Ruhrpottler als DJ unterwegs.

Zur Musik findet Carsten als Mittelstufenschüler. Die ersten dilettantischen Versuche im „Scratchen“ macht er mit einem Schulfreund am elterlichen Plattenspieler und ist sofort angefixt. Wenig später beginnt er, sich eifrig in die Materie einzuarbeiten. „Ich habe versucht, mir Mixtechniken anzueignen, indem ich in die Königsburg gegangen bin – da war ich noch nicht ganz volljährig. Ich habe mich oben an die Balustrade gestellt und DJs beobachtet, während meine Freunde unten am Feiern waren“, erinnert er sich schmunzelnd. „Ich habe mir zu Weihnachten erst einen, im nächsten Jahr den zweiten richtigen Plattenspieler geschenkt. Dann habe ich mir, damals noch auf WDR 1, Sendungen angehört, mit Kassette die Lieder aufgenommen und gehofft, dass der Moderator bloß nicht reinspricht. Daraus wurde dann mein eigenes Mixtape.“ In dieser Zeit beginnt der junge Nachwuchs-Disc Jockey auch eigene Partys zu bespielen. Für 50 Mark pro Abend schleppt er sein eigenes Equipment zu Geburtstagen und in Vereinsheime. „Das war noch gar nicht wirklich organisiert, das totale Chaos. Am Ende waren Lampen abgefallen und so – Abriss halt“, lacht Carsten beim Gedanken an die holprigen ersten Schritte ins Nachtleben. Durch Unterstützer, die sein Talent erkennen, wird der junge Musikfan bald darauf in Richtung Professionalität „geschubst“.

Vom Hobby-DJ zum Profi-Unterhalter

Trotz seiner Begeisterung für das Auflegen beginnt Carsten, dessen Eltern in der Modebranche tätig sind, nach der Schule erst einmal eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei Peek & Cloppenburg. Schon während der Lehrzeit wächst seine Passion für die Musikszene so sehr, dass er neben der Ausbildung freitags oder samstags in der Königsburg auflegt. Als er später zum Bund geht, kann er sich richtig auf die Musik konzentrieren, spielt ab und an unter der Woche für die Kameraden und feilt an seiner Technik. Nach dieser Zeit macht sich „DJ Plank“ selbstständig. „Ich habe bei verschiedenen Plattenläden gearbeitet, drei Tage die Woche, an den anderen Tagen war ich im Studio, um zu produzieren. Und am Wochenende wurde aufgelegt. Das war Mitte der 90er, als die elektronische Szene explodierte“, beschreibt er seinen bewegten Arbeitsalltag.

„Ich habe mir Mixtechniken angeeignet, indem ich in die Königsburg gegangen bin und DJs beobachtet habe, während meine Freunde am Feiern waren. Ich war voll fokussiert.“


Die Hochphase seines Schaffens verortet Carsten auf die Jahre 1994 bis 1997. Inzwischen ist er international unterwegs, spielt in ganz Europa, Asien, Kanada und den USA. Motiviert durch Vorbilder wie Laurent Garnier und Carl Cox, strebt er technische Perfektion an. „Ich habe mich auf den ,Acid-Sound‘ konzentriert und gehörte regional zu den ersten DJs in dem Bereich. In der Königsburg habe ich als Resident in den Katakomben aufgelegt, das war damals einer der bekanntesten Acid House-Clubs“, beschreibt er. Umhüllt von treibenden Techno-Beats erlebt der junge DJ in den Neunzigern und frühen 2000ern unvergessliche Momente: Sein erster Collapse Rave vor 30 Jahren in der „Burg“ mit Größen wie Westbam, DJ Dag und Sven Väth. Seinen ersten Gig auf der Mayday 1995, ihrerseits die größte Elektroveranstaltung dieser Zeit. Die Freude über seine erste selbst produzierte 12-Zoll-Platte und den Stolz, sie im Set anderer DJs wiederzufinden. Die Loveparade, mit anderthalb Millionen Menschen aller Nationen und Orientierungen, die zu seiner Musik friedlich und ausgelassen miteinander feiern.

Bei alldem begleiten ihn seine Schallplatten. Während wir gemeinsam durch seine Erinnerungen wandern, spricht Carsten von Breaks und Bassspuren und erklärt, dass er die schwarzen Scheiben inzwischen lesen kann wie Bücher. Früher habe man „seine Platten“ gehabt, ein eigenes Set, fein säuberlich zusammengekauft in Vinylfachgeschäften: die musikalische DNA. Carsten hat seine bis heute behalten. Obwohl die moderne Technik längst die Clublandschaft bestimmt, gilt seine Liebe nach wie vor dem Oldschool-Tonträger. „Heute kann jeder technisch schnell irgendeinen Sound umsetzen, der die nötigen Programme und Ideen hat. Ich bezeichne mich als DJ, der es von der Pike auf gelernt hat. Diese Haptik, da geht bei mir das Herz auf. Das kannst du nicht beschreiben. Es ist physikalisch nicht erklärbar, aber wenn man eine Platte spielt, klingt das irgendwie wärmer und fühlt sich besser an“, erklärt Carsten. Auf sogenannten Classic- oder Revival-Abenden lege er deshalb gerne immer noch analog auf – darauf wartet seine bunte Vinylsammlung, die er irgendwann an seinen Sohn weitervererben möchte. 

Privat-Party statt Festival-Fieber

Nach vielen Jahren auf den größten Elektrobühnen arbeitet Carsten inzwischen kaum noch für Massenveranstaltungen. „Früher konnte es nicht groß genug sein, heute mag ich lieber die direkte Nähe zum Publikum. Je privater, je kleiner, desto schöner für mich – desto mehr Energie ist da. Zum Beispiel auf Hochzeiten. Das ist die Königsdisziplin, das liebe ich“, beschreibt er mit strahlenden Augen. Neben Privatveranstaltungen und Firmenevents legt Carsten nach wie vor in kleineren Clubs auf, begleitet ab und an Partywochen für den ROBINSON Club und gestaltet Events im Krefelder Umland mit. Inzwischen bestimmt das elektronische Genre nicht mehr seinen musikalischen Alltag, sondern ein bunter Stilmix. „Ich bin Fan des Oldschool-Hip-Hop und der Discozeit, ich mag die Seventies, und vor allem liebe ich die Achtziger. Deshalb habe ich mit meinem DJ-Kollegen Ronaldo in der ersten Lockdown-Phase ein Online-Projekt namens ‚Crazy 80ies‘ gestartet, das irgendwann die realen Tanzflächen der Republik erobern soll. Die Achtziger sind in meinen Augen einfach das grandioseste Jahrzehnt der Musikgeschichte. In der Zeit kam Acid House, Hip-Hop, es kamen die Wave-Sachen, einfach viele unterschiedliche Stilrichtungen. Man könnte tagelang Musik der Achtziger spielen und es würde nicht langweilig“, sagt Carsten begeistert.

Wichtig ist ihm, dass Musik verstanden wird und Spaß macht: Text und Melodie sollen gemeinsam ein Gefühl transportieren. Auch ein Grund, warum der DJ inzwischen die kleinen Veranstaltungen liebt: „Ich ,lese‘ gern die Leute; das ist super interessant“, erklärt er und schmunzelt. Was Carsten Plank heute am meisten antreibt, ist das Unterhalten – anderen Freude zu bereiten. Nicht umsonst heißt es in fetten roten Lettern auf seiner Website: „Smile, it’s your party!“ Carsten zaubert seine Arbeit auch nach 30 Jahren noch ein Lächeln ins Gesicht – ein ansteckendes Lächeln, genau wie auf dem alten Foto, das vor uns auf dem Küchentisch liegt. Hoffen wir, dass diese schöne Form des „Infizierens“ bald wieder unseren Alltag bereichern darf.


Mehr über DJ Carsten Plank

www.carstenplank.de

 

Über den/die Autor/in: Esther Jansen

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Tags: , , , , , , , 0 Kommentare on DJ Carsten Plank: Smile, it’s your party!Veröffentlicht am: 22. Februar 2021Zuletzt bearbeitet: 16. Februar 20231218 WörterGesamte Aufrufe: 555Tägliche Aufrufe: 16,3 Minuten Lesezeit

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